Palladium: Die "gefühlte" Knappheit

Bei Palladium herrscht seit Jahren ein Angebotsdefizit. Trotzdem bricht der Preis in diesem Jahr ein. Warum?

(Dr. Detlef Rettinger) Edelmetalle sind derzeit nicht gefragt, das gilt nicht nur für Gold. Während aber die Preise von Gold und Silber schon seit ihren Allzeithochs im Jahr 2011 fallen, gab es bei Platin und Palladium erst 2015 einen Preiseinbruch.

Palladium
Nach dem kurzfristigen Fall bis auf 520 USD und damit auf den tiefsten Stand seit 2010 konnte sich der Preis je Unze Palladium wieder auf über 600 USD erholen.

Gemeinhin wird dafür als Grund angeführt, dass die Nachfrage für die beiden vor allem in der Industrie eingesetzten Edelmetalle schwindet. 60 Prozent des weltweit umgesetzten Palladiums werden von der Autoindustrie nachgefragt und in erster Linie in Katalysatoren verbaut. Hier macht vor allem China Sorgen: Erstmals seit 2009 fiel der Autoabsatz vier Monate in Folge. Der Preiseinbruch von Palladium hat sicher damit zu tun.

Große Lagerbestände bei Palladium bringen das Risiko eines weiteren Preiseinbruchs mit sich

Doch es steckt noch mehr dahinter. Palladium wird auch als Anlagegut verwendet und es wird mit dem Edelmetall spekuliert. Viele Anleger setzten seit 2011 wegen der relativ großen Preisstabilität bei Palladium vermehrt auf dieses Edelmetall statt auf Gold.

Bestärkt wurden sie darin durch das seit 5 Jahren bestehende (angebliche) Angebotsdefizit bei Palladium: Es wird mehr nachgefragt als produziert. Nun ist man von der Preisentwicklung enttäuscht und verkauft, seit 5 Wochen gibt es Abflüsse aus den Palladium-ETFs.

Doch der Palladiummarkt besitzt eine Besonderheit: Es gibt weltweit verteilt große Lagerbestände bei Händlern, Minenkonzernen und Industriebetrieben. Wieviel genau, weiß niemand, die Schätzungen variieren von 7 bis 26 Mio. Unzen. Schon 7 Mio Unzen wären der Verbrauch eines ganzen Jahres!

Die Besitzer des Palladiums warten in der Regel auf gute Preise für den Verkauf, um den Markt nicht kaputt zu machen. Doch was geschieht, wenn die Halter der Lagerbestände zu dem Schluss kommen, dass der Preis immer weiter fällt?

Unterstützung bei 550 USD hat gehalten

Ein Blick in die Historie ist hilfreich. 2014 stieg Palladium auf den höchsten Stand seit 2001 – damals gab es eine kurzfristige Preisspitze. 2015 ist es vorbei mit der Herrlichkeit, der Preis notiert inzwischen 35 Prozent unter seinem Hoch und fiel zeitweise auf den tiefsten Stand seit 2010.

Die Preissprünge bei Palladium sind traditionell erheblich. 2008 drittelte sich der Preis auf unter 200 USD. Das zeigt, dass der Preissturz noch längst nicht am Ende sein muss.

Kurzfristig stehen die Zeichen aber erst einmal auf Stabilisierung: Zum einen wird in Südafrikas Minen wieder einmal gestreikt, zum anderen hat die charttechnische Unterstützung bei 550/520 USD gehalten.

Fazit

sprechblase Kurz und kompakt

Dr. Detlef Rettinger

Die Zeiten am Palladiummarkt haben sich geändert. Wenn der Glaube an einen langfristig steigenden Preis verloren geht, könnte es zu Panikverkäufen kommen. Eine neue Abwärtsspirale wäre die Folge.

Palladium ist eben nicht nur ein knappes Edelmetall, es ist auch ein Spekulationsobjekt. Als Anlagegut eignet sich Palladium daher zwar nicht, für Trader ist es aber interessant. Kurzfristig sieht es nach einer Gegenbewegung aus.

Wenig Zeit?
Wertpapier: Palladium, Platin, Silber, Gold
Themen: Angebotsdefizit, Lagerbestände, ETFs