Rohstoffaktien: Gefallene Engel
Das Jahr 2015 hat einmal mehr gezeigt, dass Branchenzyklen wechseln. Nichts ist für ewig. Was bedeutet das für Anleger?
(Stefan Gulden) Der nach wie vor ungebremste Absturz der Rohstoffpreise hat die Aktien von Rohstoffkonzernen wie BHP Billiton, Anglo American, Rio Tinto und anderen auf den tiefsten Stand seit vielen Jahren geschickt. Noch vor nicht allzu langer Zeit schien man mit den Aktien aus der Branche auf der sicheren Seite. Schließlich stehen den Aktienpreisen die Rohstoffbestände der Konzerne gegenüber, echte Werte also.
Die Sache schien klar: Ohne Rohstoffe läuft die Weltwirtschaft nicht. Die Menschen haben möglicherweise plötzlich keine Lust mehr adidas-Produkte zu kaufen, finden das iPhone nicht mehr toll oder sie wollen keine Autos einer bestimmten Marke mehr, aber Öl, Kupfer, Erz und Kohle? Die werden doch immer benötigt! Ja, schon, aber nicht zu jedem Preis. Die Bedingungen am Rohstoffmarkt haben sich grundlegend geändert.

- ISIN
GB0000566504 - Marktkapitalisierung
61,965 Mrd. US-Dollar - Kommentar
Die in London notierte Aktie des global agierenden Rohstoffkonzerns BHP Billiton ist ab Anfang Oktober 2015 nochmals heftig eingebrochen. Eine Wende ist bisher nicht in Sicht.
Chinas legendärer Rohstoffhunger hat nachgelassen
Die Rohstoffhausse im Jahrzehnt zwischen 2001 bis 2011 war getrieben von der Industrialisierung Chinas. Ein Volk von 1,3 Milliarden Menschen schließt in einem Jahrzehnt zu den Industrienationen auf, das gab es noch nie.
Chinas Entwicklung ist noch längst nicht abgeschlossen, der Ausbau der rohstoffintensiven Industrien aber schon. Die Wirtschaft in China wächst so langsam wie seit 25 Jahren nicht und das ist nicht nur eine Konjunkturdelle. Peking nimmt von der Politik der exportorientierten Industrialisierung Abschied und will nun den inländischen Konsum fördern. In der Sprache der Volkswirtschaftler: Die angebotsorientierte Politik wird durch eine nachfrageorientierte Politik ersetzt.
Ob das so gelingt, wie Peking sich das vorstellt, ist keineswegs sicher. Sicher aber ist, dass der Rohstoffhunger Chinas auf Dauer nachlässt. Selbst wenn die Weltwirtschaft wieder schneller wächst, einen Investitionsboom wie von 2001 bis 2011 in China wird es so schnell nicht wieder geben, denn die zu der Zeit geschaffenen Produktionskapazitäten sind immer noch nicht ausgelastet.
Kurz und kompakt

Die Wende am Rohstoffmarkt hat in dieser Schärfe kaum jemand vorhergesehen. Die Lehre daraus: Als Anleger am Aktienmarkt – und nicht nur da – sollten Sie diversifizieren, sprich streuen. Selbst Aktien oder ganze Branchen, die als eine sichere Bank für Anleger galten oder noch gelten, können abstürzen. Und jetzt? Rohstoffaktien sind inzwischen sehr niedrig bewertet. Als antizyklischer Anleger können Sie durchaus einen kleinen Anteil Ihres Depots investieren. Allerdings sollten Sie auch hier streuen und am besten auf einen Branchen-Index oder -ETF setzen.
Themen: Rohstoffaktien, Rohstoffmarkt, China