EUR/CHF: Der Franken ist überbewertet!
Die EU steht vor einer neuen Zerreißprobe. Das setzt den Franken als sicheren Anlagehafen unter Aufwertungsdruck – aber nicht auf Dauer.
(Stefan Gulden) Während der Yen nach der Wahl von Donald Trump unter Druck kam, nicht zuletzt wegen der bereits gestiegenen Langfrist-Zinsen in den USA, blieb der Franken stark. Die Erleichterung nach der Wahl und die Abnahme der Risikoaversion der Anleger wirkte sich auf den Franken nicht aus, er blieb als sicherer Anlagehafen gefragt. Ein wichtiger Grund dafür dürfte die Angst davor sein, dass die Welle des Populismus aus den USA nach Europa überschwappt und den Gegnern der Eurozone und der Europäischen Union Auftrieb gibt.
Das ist nicht aus der Luft gegriffen, denn in den nächsten Monaten stehen in einigen europäischen Ländern Wahlen und Entscheidungen an, welche die EU weiter destabilisieren könnten. Da ist das Verfassungsreferendum in Italien am 4. Dezember zu nennen sowie die Parlamentswahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland im kommenden Jahr. Dazu kommt natürlich der Brexit, der umso mehr die Diskussion bestimmen dürfte, je konkreter er wird.
Schweizer Notenbank SNB droht mit Interventionen
EUR/CHF blieb auch nach der US-Wahl unter Druck und fiel bis zur Marke von 1,0700 CHF zurück, dem Tief, das kurzfristig intraday bereits direkt nach dem Brexit-Votum erreicht wurde. Nach eigenen Angaben hat die Schweizer Notenbank SNB nach dem Brexit am Devisenmarkt interveniert, um den Aufwertungsdruck auf den Franken zu stoppen.
Aktuell gibt es dazu keine Angaben, aber SNB-Chef Jordan hat zumindest mit Interventionen gedroht. Ohnehin betrachten die Notenbanker den Franken als signifikant überbewertet. Damit stehen sie nicht allen, auch die Devisenexperten der Danske Bank sehen nach fundamentalen Bewertungsmodellen einen Kurs von 1,28/1,29 CHF als fairen Wechselkurs für EUR/CHF an. Eine weitere Senkung des bei minus 0,75 Prozent liegenden Leitzinses steht laut SNB aber aktuell nicht zur Debatte.

- Aktueller Kurs
1,0718 Euro je Schweizer Franken - Kommentar
Der Franken war in den letzten Wochen stark gefragt, EUR/CHF fiel deutlich stärker als nach der Brexit-Entscheidung im Juni. Im Bereich von 1,0700 CHF liegt eine starke Unterstützung. - Meine Einschätzung
kurzfristiglangfristig
Kurz und kompakt

Negativzinsen schaden dem Finanzplatz Schweiz auf Dauer. Sollten aber die politischen Turbulenzen in der EU zunehmen, dann wird der SNB nichts anderes übrig bleiben, als den Strafzins zu erhöhen. Es ist das wirksamste Mittel gegen Kapitalzuflüsse und eine Aufwertung des Franken. Anleger sollten daher auch im Falle einer Eskalation der Krise in der EU nicht mit einer Rallye beim Franken rechnen, die Schweizer Notenbank wird das verhindern.
EUR/CHF kann kurzfristig unter die Marke von 1,0700 CHF fallen, mittelfristig wird sich aber die Seitwärtsbewegung zwischen 1,0700 und 1,1200 CHF fortsetzen.
Themen: Schweizerische Notenbank, sicherer Anlagehafen, Aufwertung, EU-Krise, Italien-Referendum