Schweizer Franken vor starker Aufwertung?

Wenn die EZB die Geldpolitik weiter lockert, muss die Schweizer Notenbank reagieren. Aber kann sie eine Aufwertung des Franken verhindern?

(Dr. Detlef Rettinger) Sollte die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung am 3. Dezember erneut geldpolitisch kräftig aufs Gas treten – was sehr wahrscheinlich ist – dann wird dies vor allem die Notenbanken der europäischen Nachbarländer unter Druck setzen.

Dänemark, Schweden und auch die Schweiz müssen ihrerseits reagieren, um eine zu starke Aufwertung ihrer Währungen zu verhindern. Besonders wenn die EZB den Einlagezins weiter in den negativen Bereich senken sollte, wird die Schweizerische Nationalbank SNB ebenfalls mit noch niedrigeren Negativzinsen reagieren – oder die Negativzinsen auf mehr Konten anwenden.

Euro/Schweizer Franken - EUR/CHF
Nach dem Absturz im Januar hat sich der Wechselkurs des Euro zum Franken (EUR/CHF) zwischen 1,05 und 1,10 CHF stabilisiert.

Direkte Interventionen am Devisenmarkt bleiben ebenfalls ein Mittel, auch wenn die Schweizer ungern die Notenbank-Bilanz weiter aufblähen wollen. Daher wird die SNB nur bei starken Kursbewegungen dazu greifen – oder wenn EUR/CHF bestimmte Grenzen unterschreitet.

Wo diese Grenzen genau liegen, werden die Notenbanker verständlicherweise vorher nicht bekannt geben, sonst würden Spekulanten sofort diese Marken testen. Eventuell bei 1,05 CHF, spätestens bei einem Kurs von 1,02 CHF dürfte die SNB aber meiner Ansicht nach eingreifen.

Info

info Kurzinformation zur Schweiz

  • Bevölkerungszahl: 8,122 Mio.
  • BIP/Kopf (Rang): 58.100 USD (16)
  • Devisenreserven: 530,9 Mrd. USD
  • Anteil am Welt-BIP: 0,4%
  • aktueller Leitzins: -1,25 bis -0,25%

Direkte Interventionen als letztes Mittel

Fundamental gesehen ist der Franken allerdings bereits jetzt unterbewertet, davon gehen die meisten Devisenexperten aus. Das heißt aber nicht, dass EUR/CHF in nächster Zeit steigen wird. Angesichts einer Inflationsrate von minus-1,3 Prozent hält die deflationäre Tendenz an und das zwingt die SNB zu einer sehr expansiven Geldpolitik. Immerhin haben Spekulanten ihre Long-Positionen auf den Franken abgebaut, seitdem der Grexit abgewendet wurde.

Fazit

sprechblase Kurz und kompakt

Dr. Detlef Rettinger

Kurzfristig wird EUR/CHF unter Druck kommen, wenn die EZB zu sehr expansiven Maßnahmen greift. Aber bei ihrer regulären Sitzung am 10. Dezember kann die SNB fast unmittelbar darauf reagieren. Die Schweizer Notenbanker werden alles tun, um zu starken Aufwertungsdruck auf den Franken zu verhindern und die Negativzinsen haben sich dabei als probates Mittel erwiesen. EUR/CHF kann kurzfristig nachgeben, wird sich aber über 1,05 CHF stabilisieren.

Wenig Zeit?
Wertpapier: Schweizer Franken, EUR/CHF
Themen: Schweizerische Nationalbank, EZB, Negativzinsen, Interventionen