Aus dem Wettbewerb der Volkswirtschaften ist inzwischen ein Krimi der Systeme um die Vorherrschaft im 21. Jahrhundert zwischen China auf der einen Seite und den USA und Europa auf der anderen Seite geworden.
Eine zentrale Rolle spielt dabei der Netzausbau der nächsten Generation: 5G. Ohne den neuen Mobilfunkstandard wären viele Zukunftstrends undenkbar: Autonomes Fahren, Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder die Digitalisierung in vielen anderen Lebensbereichen.
Kampf um die Zukunft
Dass dabei ausgerechnet chinesische Konzerne wie Huawei den Markt dominieren, denen vorgeworfen wird, der verlängerte Arm Pekings zu sein, ist nicht nur US-Präsident Trump ein Dorn im Auge. Die USA, aber auch andere Länder wie Australien oder Japan haben die Beteiligung von Huawei am Ausbau ihrer Netze ausgeschlossen.
Erst kürzlich machte auch Großbritannien den Ausschluss von Huawei publik und ging damit auf Konfrontationskurs zu Peking, ebenso wie Frankreich. Andere Länder, darunter auch Deutschland, prüfen noch, ob und wie weit Huawei vom Netzausbau ausgeschlossen wird.
Anbieter, die in die Presche springen könnten, sind vor allem die beiden nordischen Netzwerkausrüster Ericsson und Nokia. Asiatische Hersteller wie Samsung oder NEC könnten zwar ebenfalls in den Wettbewerb in Europa eintreten, deren Technologie ist jedoch mit der hiesigen Netzwerk-Infrastruktur nicht vollständig kompatibel und müsste angepasst werden. Die Skandinavier sind daher im Moment noch im Vorteil.
Kennzahlen für die Aktie von Nokia |
WKN / ISIN: |
870737 / FI0009000681 |
Marktkapitalisierung: |
23,40 Mrd. EUR |
KGV 2020e / 2021e: |
18,3 / 14,4 |
Dividendenrendite 2020e: |
1,2% |
Quartalszahlen besser als erwartet
Der ehemalige Handy-Riese Nokia hat sich seit dem Verkauf des Handy-Geschäfts und des Kartendienstes Here zwar völlig auf die Netzwerk-Ausrüstung konzentriert, kam bislang aber nicht richtig aus den Startblöcken. Technische Probleme und der harte Preiskampf in der Branche warfen das Unternehmen um den glücklos agierenden Vorstands-Chef Rajeev Suri zurück.
Die Ära Suri ist jedoch bald vorbei: Der seit 2009 als CEO agierende Manager wird am 1. August vom Chef des Energie-Versorgers Fortum, Pekka Lundmark, abgelöst. Die Erwartungen an Lundmark, der auch eine Nokia-Vergangenheit hat, sind riesig. Dass sich Verbesserungen schon jetzt anbahnen, zeigten jüngst die Quartalszahlen.
Der Umsatz sank zwar um 10,6 Prozent auf 5,09 Mrd. Euro. Dank der eingeleiteten Kostensenkungen fiel das Ergebnis dennoch besser aus als gedacht. Die Anhebung der Jahresprognose für 2020 von 0,23 auf 0,25 Euro je Aktie (+/- 0,05 Euro) unterstreicht, dass sich das Unternehmen inzwischen mehr zutraut. Die Marge soll statt 9,0 nun 9,5 Prozent erreichen. Mittelfristig wird eine Marge von 12 bis 15 Prozent angestrebt.
Wie reagiert China?
Sollte es dem neuen Nokia-Chef Lundmark gelingen, den als wenig visionär geltenden finnischen Konzern, der in der Vergangenheit oftmals falsche Weichen stellte, im Wettbewerb um 5G nach vorne zu bringen, so könnte dies am Aktien-Markt der Nokia-Aktie zu einer spektakulären Renaissance verhelfen. Ein Erfolg ist allerdings nicht garantiert, denn das politische Umfeld bleibt nur schwer berechenbar.
So könnte China wegen des Huawei-Ausschlusses Strafmaßnahmen gegen die europäischen Netzwerk-Ausrüster verhängen. Nokia dürfte davon allerdings kaum betroffen sein, da sich das Unternehmen vom 5G-Ausbau in China bereits mehr oder weniger verabschiedet hat – im Gegensatz zu Ericsson. Die Schweden sind mit China Mobile, China Telecom und China Unicom im Geschäft.
Für Nokia könnte dies sogar zum Vorteil werden, wenn es um lukrative Aufträge in Europa geht. Nach den schwierigen letzten Geschäftsjahren sieht es jedenfalls so aus, als würde Nokia endlich mit dem Geschäftsjahr 2020 wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Für spekulative Anleger eröffnen sich somit Chancen.
Das sagt die Charttechnik
Die Nokia-Aktie hat nach einem ausgiebigen Test der Unterstützungszone zwischen 3,50 und 3,80 Euro dank der starken Quartalszahlen zum Sprung nach oben angesetzt. Derzeit ist die Aktie kurzfristig noch etwas überhitzt, eine kleinere technische Gegenbewegung in Richtung 4,00 Euro würde dagegen interessante Einstiegs-Chancen eröffnen.
Mein Fazit
Technik, Preis, Politik – der Kampf um den 5G-Ausbau ist noch mit einigen Unsicherheiten belastet, könnte aber in die entscheidende Runde gehen und somit Weichen für die nächsten Jahre stellen. Der Netzwerk-Ausrüster Nokia hat das Potenzial, wieder den Weg nach oben zu finden und sich ein gutes Stück vom Kuchen zu sichern.
Für längerfristig orientierte Anleger könnte es sich daher lohnen, eine spekulative Depot-Beimischung in Nokia-Aktien aufzubauen. Aus charttechnischer Sicht wäre ein Rücksetzer in Richtung 4,00 Euro dafür passend. Zwar verfügt Nokia inzwischen wieder über bessere Geschäftsaussichten, ist aber aufgrund der noch vielen Unsicherheiten als spekulativ einzustufen. In einem ausgewogenen Depot würde eine solche Aktie daher als kleinere Depot-Beimischung eingesetzt werden.
(Autor: Stefan Böhm) |