Das Unternehmen SAP hat ein schwieriges Jahr hinter sich, nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie. Im Oktober löste der Vorstands-Chef Christian Klein durch die deutliche Absenkung der mittelfristigen Prognosen und der Jahres-Ziele für die Profitabilität einen recht heftigen Kurseinbruch der Aktie aus.
Die Reaktion an der Börse fiel auch deswegen so negativ aus, weil der vorherige CEO Bill McDermott offenbar mit seinen allzu optimistischen Aussagen unrealistische Erwartungen geweckt hatte. Seitdem bewegen sich die Anteilsscheine von SAP mehr oder weniger seitwärts.
Nun erreichte den Markt eine Nachricht, die in Zukunft für eine neue Kurs-Dynamik sorgen kann: Der US-Wirtschaftssender CNBC berichtete am letzten Montag, dass die Buchhaltungs-Software von Google und dem Mutter-Konzern Alphabet von Oracle auf SAP umgestellt werden soll.
Laut einer internen Mail an Google-Mitarbeiter soll diese Umstellung nach aktuellem Stand im Mai stattfinden. Die Entscheidung von Google ist nachvollziehbar. Schließlich ist Oracle neben Amazon AWS einer der Haupt-Konkurrenten, was das zukunftsträchtige Cloud-Geschäft betrifft.
Zudem kam es zwischen beiden Parteien immer mal wieder zu Konflikten, vor allem in Bezug auf das Smartphone-System Android. Oracle verlangte wegen der Nutzung von Schnittstellen des Software-Codes Java etwa 9 Milliarden US-Dollar Entschädigung.
Im Rahmen des Streits wurde nun jedoch zu Gunsten von Google entschieden. Die Richter urteilten, dass die Verwendung von Schnittstellen als faire und angemessene Nutzung rechtens gewesen ist und daher keine Urheberrechts-Verletzung vorliegt.
Neu-Ausrichtung und operatives Geschäft
Das Unternehmen befindet sich seit ein paar Jahren in einem Wandlungsprozess mit Fokus auf Cloud-Software-Angebote. So sind die Cloud-Erlöse im letzten Jahr um 17 Prozent gestiegen, während die Umsätze beim bisher dominierenden Lizenz-Geschäft um 6 Prozent zurückgingen.
Durch die jüngste Nachricht ist es gut möglich, dass nun weitere Großkunden, die bisher mit Oracle arbeiteten, auf SAP aufmerksam werden bzw. einen Wechsel anstreben.
Mit einem KGV2021e von 23 erscheint die Aktie angesichts der Wachstums-Aussichten fundamental attraktiv bewertet. Das Ergebnis je Aktie soll nach Analysten-Schätzungen von 4,88 Euro in 2021 auf 6,26 Euro in 2024 und damit um etwa 28 Prozent steigen.
Kennzahlen für die Aktie von SAP |
WKN / ISIN: |
716460 / DE0007164600 |
Marktkapitalisierung: |
131,95 Mrd. EUR |
KGV 2021e / 2022e: |
23,0 / 19,2 |
Dividendenrendite 2021e: |
1,6% |
Entscheidend für die weitere Kurs-Entwicklung dürften die für den 22.04. angekündigten Quartalszahlen sein. Prognosen zufolge soll der Umsatz mit 6,31 Milliarden Euro knapp unter dem des Vorjahres-Zeitraums liegen (6,52 Milliarden Euro).
Dafür soll der Gewinn je Aktie mit durchschnittlich 0,95 Euro pro Aktie höher ausfallen (Vorjahres-Quartal: 0,85 Euro Gewinn je Aktie). Es bleibt abzuwarten, ob SAP mit den Zahlen die Erwartungen erfüllen oder sogar übertreffen kann.
Das sagt die Chart-Technik
Der Kurs notiert aktuell knapp über der Widerstandszone bei 110 Euro, womit der seit Februar anhaltende Abwärtstrend gestoppt wurde. Sollte die Aktie diesen Widerstand nachhaltig überwinden, ist ein weiterer Kurs-Anstieg bis zur 200-Tage-Linie bei etwa 117 Euro möglich.
Anschließend könnte die im Oktober 2020 bei 123 Euro geöffnete Kurslücke geschlossen werden. Bis allerdings auch das Allzeithoch bei 143 Euro wieder in Reichweite rückt, wird es noch dauern.
Mein Fazit
Die fundamentalen Aussichten bei SAP haben sich deutlich verbessert. Der Wechsel von Alphabet zu SAP-Software könnte nicht nur dem Unternehmen, sondern auch der Aktie einen deutlichen Schub geben.
Auch die charttechnische Situation hat sich wieder deutlich aufgehellt. Vorsichtige Anleger sollten vor einem Einstieg die Quartals-Zahlen abwarten, Mutige können auf eine positive Überraschung spekulieren. In jedem Fall empfiehlt sich aber eine Absicherung unterhalb der Unterstützung bei 102 Euro.
(Autor: Julian Ziegler) |