Überraschend hat der Siemens-Konzern bereits seine vorläufigen Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal vorgestellt. Die jedoch haben es in sich – im positiven Sinne: Die beiden Kernbereiche Industrie-Automatisierung und Infrastruktur verzeichneten eine überraschend starke operative Entwicklung und behaupteten sich besser als von den Analysten erwartet.
Das Zuggeschäft zeigte sich stabil, die Zahlen der Töchter wie Siemens Healthineers stehen noch aus. Sollten allerdings Enttäuschungen bei Healthineers ausbleiben, ist bei Siemens ein operatives Ergebnis (EBITDA) von über 2 Mrd. Euro und ein Umsatz von 13 Mrd. Euro für die Monate Oktober bis Dezember drin. Die Analysten hatten bislang mit deutlich weniger gerechnet.
Jahresprognose vor Anhebung?
Als besonderer Aktivposten hat sich das China-Geschäft erwiesen, wo die Digitalisierung für einen starken Schub in der Sparte Industrie-Automatisierung sorgt. Das operative Ergebnis in diesem Teilbereich explodierte fast schon mit einem Plus von 57 Prozent.
Spannend wird es nun am 1. Februar, denn dann wird Siemens Healthineers seine Quartalsbilanz vorlegen und dann gibt es auch Klarheit darüber, ob der Mutter-Konzern wirklich so gut dasteht, wie es heute aussieht. Äußerungen des Unternehmens, man werde „den Ausblick überprüfen“, deuten jedenfalls darauf hin.
Analysten interpretieren die Aussage dahingehend, dass die Prognose für das Geschäftsjahr 2020/21 nach oben korrigiert werden könnte. Bislang war Siemens davon ausgegangen, dass die Geschäfte erst im 2. Halbjahr wieder spürbar zulegen werden. Das geschieht nun offensichtlich bereits deutlich früher. Davon sollte auch die Aktie profitieren.
Wie reagieren die Analysten?
Aus Sicht klassischer Bewertungs-Kennzahlen wie dem KGV ist die Aktie allerdings nicht als Schnäppchen zu bezeichnen. Sollten die Analysten ihre Prognosen im Zuge der positiven Nachrichten jedoch nach oben korrigieren, so würde sich das relativieren. Höhere Konsensus-Prognosen lassen das KGV sinken, die Aktie hätte bei dieser Betrachtung wieder Kursspielraum nach oben.
An der Börse werden solche Entwicklungen jedoch meist vorweggenommen, denn bis die Analysten ihre Prognosen korrigieren, vergeht etwas Zeit, in der viele Anleger schon reagieren. Gut möglich also, dass die Siemens-Aktie mit dem Kursimpuls vom Freitag zumindest einen Teil des neuen Kurspotenzials schon eingearbeitet hat.
Kennzahlen für die Aktie von Siemens |
WKN / ISIN: |
723610 / DE0007236101 |
Marktkapitalisierung: |
103,93 Mrd. EUR |
KGV 2020e / 2021e: |
22,1 / 18,3 |
Dividendenrendite 2020e: |
2,7% |
Das sagt die Chart-Technik
Mit dem Chart-Ausbruch vom Freitag über das alte Allzeithoch bei ca. 126,25 Euro hat die Siemens-Aktie ein starkes charttechnisches Kaufsignal geliefert und damit eine seit April 2017 andauernde sehr ausgeprägte Seitwärtsbewegung nach oben aufgelöst. Zwischen 119,35 und 126,25 Euro hat sich nun eine starke Unterstützungszone gebildet, die nach Möglichkeit nicht mehr unterschritten werden sollte.
Damit gibt es eine solide Basis für Anleger, die dem Chart-Ausbruch mit Käufen folgen wollen. Sollte allerdings der Kurs wieder unter 119 Euro rutschen, wäre das positive Chart-Szenario hinfällig und die Siemens-Aktie hätte sich erneut als Enttäuschung herausgestellt. Danach sieht es im Moment allerdings nicht aus.
Mein Fazit
Die Neuaufstellung des Siemens-Konzerns trägt früher als gedacht Früchte. Die jüngsten Quartalszahlen sind ein Aufbruch-Signal, das auch für den Aktien-Kurs eine dauerhafte Wende nach oben auslösen könnte. Dabei sollte man immer realistisch bleiben und keine Wunderdinge erwarten.
Auch wenn Siemens viel besser als gedacht durch die Corona-Krise kam, bleibt Covid-19 immer noch ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Auf der anderen Seite ist Covid-19 allerdings auch ein Umsatztreiber, wenn die vielen staatlichen Programme greifen und die Digitalisierung in der Industrie voranschreitet. Die Siemens-Aktie ist damit auch für Langfrist-Anleger wieder interessanter geworden.
(Autor: Stefan Böhm) |