Was war das für ein Tag am deutschen Aktienmarkt! Nach ziemlich genau zwei Jahren konnte der DAX am Mittwoch sein bisheriges Allzeithoch übertreffen und stieg zwischenzeitlich auf 13.640 Punkte. So weit, so gut.
Für die deutschen Autobauer hingegen war dieser Tag weniger erfreulich. Während Tesla mit einem neuen Höchststand sogar den größten deutschen Autobauer Volkswagen gemessen an der Marktkapitalisierung überholte, sprach der Stuttgarter Autobauer Daimler im Zuge der Vorlage der vorläufigen Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2019 eine Gewinnwarnung aus.
Zusätzliche Aufwendungen für laufende behördliche und gerichtliche Verfahren und Maßnahmen betreffend Mercedes-Benz Diesel-Fahrzeuge würden nach vorläufiger Einschätzung 1,1 bis 1,5 Mrd. Euro betragen. Diese Aufwendungen werden sich im Wesentlichen bei Mercedes-Benz Cars und Mercedes-Benz Vans negativ auswirken.
Der Aktienkurs gab daraufhin in einem positiven Gesamtmarktumfeld um knapp 1,9% auf 45,42 Euro nach und notiert damit knapp 50% unter seinem Allzeithoch.
Mercedes-Benz Vans als Sorgenkind
Insgesamt sinkt das Ergebnis auf Konzernebene 2019 selbst ohne die Berücksichtigung der zuletzt gemeldeten zusätzlichen Aufwendungen um fast 50% von 11,1 auf 5,6 Mrd. Euro.
Während sich das Ergebnis in der Sparte Mercedes-Benz Cars zu stabilisieren scheint und die Prognose hinsichtlich der Umsatzrendite sehr wahrscheinlich erfüllt wird, wurde die Ergebniserwartung in der Sparte Mercedes-Benz Vans nochmals gesenkt.
Positiv zeigte sich das Ergebnis der Mobility-Sparte mit einer Marge von 15,3% trotz eines Sondereffektes für den Rückzug des Daimler-BMW-Joint-Ventures Share Now aus dem nordamerikanischen Geschäft und einigen europäischen Städten.
Die konjunkturelle Eintrübung sorgte in der Sparte Daimler Trucks für einen starken Ergebnisrückgang und auch die Marge nähert sich mit 6,1% mittlerweile historisch niedrigen Niveaus.
Wird das Sparprogramm nun ausgeweitet?
Trotz der Absatzrekorde erhält Daimler wie auch die anderen Autobauer von vielen Seiten Gegenwind. Insgesamt stagnieren weltweit die Autoabsätze, das Wachstum der für die Autobauer so wichtigen chinesischen Wirtschaft schwächt sich ab und erst kürzlich drohte die Regierung von US-Präsident Donald Trump einem Medienbericht zufolge erneut mit Strafzöllen auf Autos aus der EU.
Hinzu kommen die Brexit-Sorgen und die enormen Investitionen in die Entwicklung von Elektro-Autos, neuen Mobilitätsdiensten und dem Autonomen Fahren. Um dem Gegenwind mit aller Kraft entgegenzutreten, kündigte der neue Vorstand Ola Källenius umfangreiche Sparmaßnahmen an. So sollen erhebliche Einsparungen bei den Materialkosten erzielt werden.
Bei den Personalkosten sollen 1,4 Mrd. Euro eingespart werden, u.a. durch die Streichung von mindestens 10.000 Stellen bis zum Jahr 2022, 10% davon im Management. Für Investitionsausgaben, Forschung & Entwicklung und nicht wiederkehrende Ausgaben soll eine Obergrenze eingezogen werden, die ab dem Jahr 2021 um 2 Mrd. reduziert wird.
Sollten die Margen weiter abschmelzen oder der Absatz deutlich einbrechen, stellt sich die Frage, ob das Sparprogramm nicht sogar ausgeweitet wird.
Kennzahlen für die Aktie von Daimler |
WKN / ISIN: |
710000 / DE0007100000 |
Marktkapitalisierung: |
47,553 Mrd. EUR |
KGV 2020e / 2021e: |
8,2 / 7,5 |
Dividendenrendite 2020e: |
4,1 Prozent |
Wie stark wird die Dividende gekürzt?
Bis zu den endgültigen Zahlen, die der neue Daimler-Chef Ola Källenius am 11. Februar präsentieren wird, kann es durchaus sein, dass die Aktie unter Druck bleibt. Mittlerweile steht sogar die Dividende zu Debatte.
Aktuell gehen die Analysten im Durchschnitt von einer deutlichen Senkung der Dividende auf etwa 1,82 Euro aus. Für 2018 belief sich die Ausschüttung noch auf 3,25 Euro. Doch auch dieser Betrag könnte nach den schwachen Ergebniszahlen für 2019 in Frage stehen. Die Analysten der LBBW z.B. rechnen mit einer Kürzung um zwei Drittel.
Aktienkurs weiterhin im Abwärtstrend
Seit dem Hoch im Jahr 2015 befindet sich Daimler im Abwärtstrend, der sich seit 2018 nochmals beschleunigte. Im Vergleich zum DAX oder auch zu Wettbewerber BMW und besonders zu VW ist die Performance der letzten 12 Monate alles andere als erfreulich.
Nach der erneuten Hiobsbotschaft passten zahlreiche Analysten Ihre Kursziele an, wobei es zu keinem einheitlichen Abgesang auf die Aktie kam. Einige Analysten (u.a. von JP Morgan) sehen sogar Aufwärtspotenzial, sofern Daimler endlich von weiteren Sondereffekten aus der Diesel-Affäre verschont bleibt.
Charttechnisch ist die Aktie deutlich angeschlagen, nächste Marken auf der Unterseite liegen beim Tief vom Oktober 2019 bei 42,90 Euro und darunter beim Tief aus dem August 2019 bei 40,31 Euro - eine Marke, die im längerfristigen Bild schon mehrfach angelaufen wurde.
Mein Fazit
Es ist äußerst spannend, was in der Welt der Automobile passiert. Aktuell spekuliert der Markt auf den Durchbruch von Tesla als dem Big Player der Zukunft im Automobil-Bereich. Es bleibt abzuwarten, ob Daimler und auch andere deutsche Autobauer noch Chancen haben, den Rückstand im Bereich der neuen Technologien aufzuholen.
Fundamental sieht die Aktie weiterhin günstig aus, dies war allerdings schon in den letzten Wochen der Fall. Aktuell spricht das Sentiment gegen ein Investment in die Aktie. Anleger sollten abwarten, bis sich die dunklen Wolken am Horizont verzogen haben. Nur sehr Risikofreudige greifen jetzt schon ins fallende Messer.
Sollte die Unterstützung im Bereich um 40 Euro halten und sich im kurzfristigen Bild ein Kaufsignal ergeben, könnte man sich immer noch ein paar Aktien in der Hoffnung auf einen Turnaround in den nächsten 1 bis 2 Jahren ins Depot legen.
(Autor: Stephan Bank)
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