Der Niedergang der Deutschen Bank hat die Anleger zeitweise in Panik versetzt und sogar Ängste geschürt, das stolze Bankhaus mit einer 150-jährigen Tradition könnte an die Wand fahren. Seit Konzern-Chef Christian Sewing 2019 das Ruder herumgerissen und die Bank neu aufgestellt hat, haben die Quartals-Veröffentlichungen jedoch ihren Schrecken verloren.
Inzwischen meldete die Deutsche Bank zum vierten Mal in Folge einen Quartalsgewinn. Das 2. Quartal 2021 war sogar das beste Quartal seit 2015. Die Analysten hatten im Schnitt mit einem Vorsteuergewinn von 820 Mio. Euro gerechnet. Mit 1,2 Mrd. Euro gelang es der Bank, die Schätzungen mehr als deutlich zu übertreffen.
Für das restliche Geschäftsjahr und darüber hinaus signalisierte die Deutsche Bank Optimismus. Der bereits eingeleitete Abbau von 18.000 Stellen komme gut voran, die Einnahmen sollten 2022 eher bei 25 Mrd. Euro liegen als beim bisherigen Ziel von 24,4 Mrd. Euro, so Finanz-Vorstand James von Moltke.
Noch ist ein gutes Stück Weg zurückzulegen
Zugleich mahnte Christian Sewing jedoch auch und warnte davor, nachzulassen: „Es ist ein wenig wie in einem Marathonlauf: Bei Kilometer 30 fängt es an, besonders anstrengend zu werden“. Dieser Vergleich zeigt zugleich sehr anschaulich, wo sich die Deutsche Bank auf dem Weg der Umstrukturierung sieht. Ein Großteil ist bereits geschafft, auf der Zielgeraden ist man aber noch lange nicht.
Neben dem bereits erwähnten Stellenabbau wurde auch ein personeller Austausch im Vorstand vorgenommen, das Investment-Banking wurde eingedampft – aus dem Aktienhandel verabschiedete sich die Bank komplett. Zudem wurden 20 Prozent der Schulden (288 Mrd. Euro) in eine Bad Bank ausgelagert.
Bank auf 4 Säulen
Die neue Deutsche Bank soll nach der Umstrukturierung auf 4 Säulen stehen: Der Unternehmensbank, der Investmentbank, der Privatkundenbank und der Vermögensverwaltung, die aus der Tochter DWS besteht. Alle 4 Säulen sollen ungefähr gleich viel zum Erfolg des Konzerns beitragen, um künftig weniger von den Schwankungen in einzelnen Geschäftsbereichen abhängig zu sein.
So gut wie dies klingt, so schwierig dürfte der Plan jedoch umzusetzen sein. Ausgerechnet das viel gescholtene Investment-Banking erwies sich im Pandemie-Jahr als Gewinntreiber. Im 1. Halbjahr trug das Investment-Banking einen Vorsteuergewinn von rund 2,5 Mrd. Euro bei – mehr als eineinhalb mal so viel wie die Gewinne der drei anderen Bereiche zusammen.
Dass es beim Investment-Banking eine Sonderkonjunktur gab, war jedoch ein Glücksfall, denn vor allem die Unternehmensbank kann die gesteckten Ziele bislang nicht erreichen. Das liegt allerdings auch daran, dass viele Unternehmen derzeit im Geld schwimmen und keine Kredite benötigen.
Verluste gab es auch in der Privatkunden-Sparte, wo das BGH-Urteil zu den Gebühren zu hohen Rückstellungen führte. Auf Kurs liegt dagegen die Vermögensverwaltungs-Sparte, die dank des Börsenbooms Nettozuflüsse auf Rekordniveau verbuchte.
Kennzahlen für die Aktie der Deutschen Bank |
WKN / ISIN: |
514000 / DE0005140008 |
Marktkapitalisierung: |
22,1 Mrd. EUR |
KGV 2021e / 2022e: |
12,0 / 9,3 |
Dividendenrendite 2021e: |
1,4% |
Das sagt die Chart-Technik
Dass sich bei der Deutschen Bank-Aktie eine Wende vollzieht, sieht man am Langfrist-Chart. Mit dem Ausbruch über 10 Euro gelang der Aktie ein Erfolg, der zwar noch nicht der große Befreiungsschlag ist, aber ein wichtiger Schritt nach vorn. Der langfristige Abwärtstrend, der bei den Hochs bei über 90 Euro im Mai 2007 seinen Ursprung hat, verläuft derzeit bei ca. 11 Euro.
Im Juni gab es bereits einen Ausbruchsversuch mit einem Kursanstieg auf deutlich über 12 Euro, der allerdings noch nicht erfolgreich war und mit einem Rückfall endete. Ein neuer Ausbruchsversuch bleibt aber jederzeit möglich, solange die Unterstützung bei 10 Euro nicht wieder unterschritten wird.
Ein mögliches Trading-Setup wäre daher ein erster kleinerer Einstieg auf der Long-Seite, wenn der Aktie ein Schlusskurs bei mindestens 11,25 Euro gelingt. Ein darauf folgender Ausbruch über die Hochs vom Juni bei 12,55 Euro wäre dann quasi die Bestätigung der Langfristwende.
Mein Fazit
Die Deutsche Bank befindet sich auf einem guten Weg zur Neuaufstellung. Zwei Drittel des Wegs sind schon geschafft, das letzte Drittel liegt noch vor der Bank und sollte nicht unterschätzt werden. Die 2019 ausgerufenen Ziele bis 2022 können jedoch erreicht werden.
Allerdings bezweifele ich, dass es gelingt, die 4 Säulen wie geplant nebeneinander gleichwertig aufzubauen. Das klassische Bankgeschäft in Niedrigzinszeiten ist und bleibt schwierig, Unwägbarkeiten bleiben. So ist die Postbank immer noch nicht integriert, unvorhergesehene Belastungen wie zusätzliche Beiträge zur Einlagensicherung aufgrund der Pleite der Greensill Bank können jederzeit dazu kommen.
Und dann gibt es ja auch noch die Fintechs und Finanzdienstleister wie PayPal, die immer mehr in das klassische Bankgeschäft eindringen und für zusätzliche Konkurrenz sorgen. Wer trotzdem vom Comeback der Deutschen Bank überzeugt ist, kann sich durchaus ein paar Stücke der Aktie ins Depot legen. Für alle anderen bietet die oben beschriebene Ausgangslage der Charttechnik eine Orientierungshilfe.
(Autor: Stefan Böhm) |