Here-Karten: Intel wird neuer Partner von BMW, Daimler und VW
Intel steigt beim Kartendienst Here ein. Was bedeutet das für die deutschen Autokonzerne? Lesen Sie mehr...

(Stefan Böhm) Seit 2015 sind die deutschen Autokonzerne BMW, Daimler und Volkswagen (durch die Tochter Audi) Eigentümer des Karten- und Navigationsdienstes Here, den sie damals von Nokia für 2,8 Mrd. Euro übernahmen. Hintergrund dieser Entscheidung: Die deutsche Autoindustrie möchte auch in der digitalisierten Welt unabhängig bleiben und nicht von den Launen der Silicon Valley Größen wie Google oder Apple abhängig sein. Dabei geht es nicht nur um Navigationsdienstleistungen, sondern auch um das Auto der Zukunft: Das selbstfahrende Auto. Spätestens seit Google und Tesla selbstfahrende Autos auf den Straßen testen, dürfte klar sein, dass der Automarkt in einigen Jahren vor umwälzenden Veränderungen stehen könnte. Selbstfahrende Autos benötigen präzise Karteninformationen in Echtzeit – egal ob es "nur" um teilautonomes Fahren geht, oder gar um vollautonomes Fahren.
Nachdem die Autokonzerne in der letzten Dezemberwoche asiatische Partner mit an Bord geholt hatten – der chinesische Internetriese Tencent, der chinesische Kartendienst NavInfo und der Investor GIC aus Singapur übernehmen gemeinsam 10% an Here – folgt jetzt der US-Chiphersteller Intel. Der Halbleiterriese aus den USA übernimmt 15% an Here zu einem bislang nicht bekannten Kaufpreis. Der dürfte jedoch auch eher untergeordnete Bedeutung haben, denn bei der Beteiligung handelt es sich um eine strategische Positionierung, die für alle Beteiligten langfristig Nutzen stiften soll.
Dabei werden auch andere Hersteller nicht ausgeschlossen. Insellösungen sind Vergangenheit, die Fahrzeuge werden firmen- und modellübergreifend getestet. Dabei sind bpsw. auch die französischen Hersteller PSA (Peugeot und Citroën) und Renault, die ihre automatisierten Fahrzeuge mit dem Here-System testen wollen.
Deutsche Autoindustrie stellt die Zukunftsweichen
war muss Intels Einstieg bei Here noch vom Bundeskartellamt durchgewunken werden. Probleme sind wohl nicht zu erwarten, die Transaktion könnte daher noch im ersten Quartal 2017 abgeschlossen werden. Intel verfügt bereits über eine Unternehmenssparte für autonomes Fahren.
Deren Chef Doug Davis soll in den Aufsichtsrat von Here einziehen. Die deutschen Autokonzerne schmieden somit eine dauerhafte Allianz mit erfolgreichen IT-Unternehmen – ein strategisch kluger Schachzug. Auch die Einbeziehung chinesischer Player dürfte sich langfristig auszahlen, ist China doch inzwischen ein überaus wichtiger Markt für alle deutschen Autokonzerne. Ohne diese Kooperationen könnte es sehr schwierig bis unmöglich sein, auf alle für das autonome Fahren benötigten Daten in China zuzugreifen. So jedoch ist der Daten- und Technologieaustausch sichergestellt.
Langfristig werden von dieser Positionierung auch die Aktien der drei deutschen Autoriesen profitieren. Doch wie sieht es kurzfristig aus? Alle drei Aktien haben im Dezember kräftig zugelegt und notieren nun aus technischer Sicht im überkauften Bereich. Vor einem weiteren Kursanstieg könnte es daher zu einer Korrektur oder Konsolidierung kommen. Ein teilweiser Abbau der Kursgewinne wäre jedoch keinesfalls negativ, sondern würde neue Einstiegsgelegenheiten eröffnen. Die BMW-Aktie wird bspw. unter 85 Euro wieder interessanter, Daimler unter 68 Euro. Wie nachhaltig der Aufschwung bei Volkswagen ist, bleibt abzuwarten, da die Wolfsburger immer noch die Folgen des Abgasskandals verdauen müssen. Hier wäre aus charttechnischer Sicht ein Rückschlag unter 130 Euro abzuwarten oder ein Ausbruch über den Widerstand bei 142,40 Euro.
Kurz und kompakt
Die deutschen Autokonzerne treiben die Digitalisierung voran und bereiten sich auf zukünftige Herausforderungen wie das autonome Fahren vor. Dass BMW, Daimler und VW dabei internationale IT-Konzerne ins Boot holen, ist eine strategisch kluge Entscheidung, die sich langfristig auszahlen wird. Kurzfristig sind die deutschen Auto-Aktien allerdings wegen der Rallye im Dezember korrekturgefährdet. Vor einem Einstieg sollte daher eine entsprechende Chartreaktion abgewartet werden.

Themen: Karten, Navigation, Selbstfahrende Autos, BMW, Daimler, VW, Audi, Intel, China
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