Jetzt wie in China investieren?

(Lars Erichsen) Am Wochenende kam Bewegung in den festgefahrenen Handels-Konflikt zwischen den USA und China: Ab dem 14. Mai 2025 – pünktlich zum Erscheinungstag dieser Ausgabe – senken die USA ihre Strafzölle auf chinesische Importe drastisch – von 145 auf 30 Prozent. Im Gegenzug reduziert China seine Zölle auf US-Waren von 125 auf lediglich 10 Prozent. Die Märkte reagierten prompt: Der DAX erklomm am Montag ein neues Allzeithoch, auch die wichtigsten anderen Aktien-Börsen reagierten sehr positiv.
Doch bei aller Euphorie: Von einem vollwertigen Handelsabkommen kann noch keine Rede sein. Die beidseitige Zollsenkung ist Teil einer 90-tägigen Atempause – ein Deeskalationsschritt, wie ihn Washington bereits mit anderen Ländern eingeführt hat. Ziel ist es, den Weg für neue Verhandlungen zu ebnen. Und diese dürften nicht nur zäh, sondern auch technisch wie juristisch hochkomplex werden.
Ein belastbares Handelsabkommen braucht Zeit – oft mehrere Jahre. Selbst in einem optimistischen Szenario sind 18 Monate schon der Schnelldurchlauf. Die nun vereinbarten Zoll-Lockerungen erinnern daher eher an politische Sofortmaßnahmen. Zwar entfalten solche „Deals“ kurzfristige Wirkung, doch ändern sie wenig an den strukturellen Gegensätzen: China bleibt Export-Weltmeister, die USA importieren im großen Stil. Das zugrunde liegende Konfliktpotenzial bleibt somit bestehen.
Ein wichtiges Signal!
Trotzdem muss man festhalten, dass im scheinbar festgefahrenen Zollstreit etwas in Bewegung zu kommen scheint. Der Handel zwischen den USA und China war wegen den Zöllen faktisch zum Erliegen gekommen, nun macht sich die Hoffnung breit, dass vielleicht doch noch die Vernunft siegen wird, denn sowohl die USA als auch China haben kein Interesse daran, ihre Volkswirtschaften nachhaltig zu schädigen. Etwas flapsig ausgedrückt könnte man die neueste Entwicklung mit „sieht ganz gut aus“ umschreiben.
Nicht zuletzt China bzw. die chinesischen Unternehmen sollten profitieren, denn Peking hat noch lange nicht alle Pfeile aus dem Köcher genommen. Auch eine Stimulierung durch staatliche Stellen bleibt auf der Tagesordnung. Neben Zinssenkungen durch die People's Bank of China (PBoC) sind auch fiskalpolitische Initiativen oder Maßnahmen zur Ankurbelung des Binnenkonsums denkbar.
Rücken China-Aktien wieder mehr in den Fokus?
Wer sich unter diesen Voraussetzungen vorstellen kann, seinen China-Anteil im Depot wieder aufzustocken oder überhaupt eine kleine oder auch größere China-Beimischung aufzubauen, steht vor der Frage, wie das bewerkstelligt werden soll. Wer mit einem ETF einsteigen möchte, sieht sich 51 Produkten gegenüber, die sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Basis-Werte beziehen.
In Indizes wie dem FTSE China 50, auf den sich z.B. der Franklin FTSE China 50 ETF (WKN: A2PB5V) bezieht, sind die 50 größten an der Börse Hongkong notierten chinesischen Aktien enthalten. Es existieren noch weitere ETFs mit ähnlichem Fokus. Doch es gibt ja auch noch die Börse in Shanghai sowie die in den USA notierten ADRs – das sind von Banken emittierte Zertifikate auf chinesische Aktien. ADRs haben allerdings in den letzten Jahren wegen der Spannungen zwischen den USA und China an Bedeutung verloren, da Unternehmen wie Tencent, Alibaba und JD.com inzwischen auch an der Börse in Hongkong gelistet sind.
Der größte Unterschied besteht zwischen den Indizes, die sich aus in Hongkong oder als ADRs notierten Aktien zusammensetzen, und den Indizes, die sich auf in Shanghai und Shenzhen notierten Aktien (den so genannten A-Aktien) beziehen. Doch auch hier gibt es nochmals Unterschiede, denn nicht alle A-Aktien sind für Ausländer handelbar.
Im nach Anlagevolumen größten China-ETF, dem iShares MSCI China (WKN: A2PGQN), sind die im MSCI China Index enthaltenen, international handelbaren A-Aktien enthalten. Der Xtrackers CSI 300 Swap ETF (WKN: DBX0M2) dagegen bildet mittels Derivaten den aus allen A-Aktien gespeisten CSI 300 Index nach. In diesen ETFs fehlen allerdings die großen Internet-Konzerne, die nicht nur den FTSE China 50 ETF, sondern wegen ihrer großen Marktkapitalisierung auch den MSCI China Index, der alle international handelbaren China-Aktien enthält, dominieren. Das führte in den letzten Jahren zu großen Kursunterschieden.
Mein Fazit
Die stärkere Binnenmarkt-Orientierung des CSI 300 führte in den letzten Jahren dazu, dass er sich als weniger anfällig für externe Schocks erwies, während die im MSCI China vertretenen großen Tech-Firmen sich wachsendem regulatorischen Druck aus Peking ausgesetzt sahen. Für den CSI 300 spricht außerdem, dass er hauptsächlich von inländischen Investoren gehandelt wird, die oft langfristiger orientiert sind. Dies macht den Index auch für ETF-Anleger interessant.
Darüber hinaus spricht auch die Entwicklung der makroökonomischen Rahmenbedingungen für den CSI 300: Die chinesische Regierung hat zuletzt mehrfach betont, den Binnenkonsum stützen und die Wirtschaft gezielt stimulieren zu wollen – etwa durch Zinssenkungen, fiskalische Programme und Investitionen in Infrastruktur und Hightech. Von diesen Maßnahmen profitieren vor allem die inländisch orientierten Unternehmen, wie sie im CSI 300 enthalten sind.
Wer allerdings davon ausgeht, dass die chinesischen Tech-Konzerne nach der langen Phase der Underperformance zur Aufholjagd blasen werden, dürfte mit einem ETF auf den MSCI China Index besser bedient sein.
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