Britisches Pfund: Absturz wegen drohendem Brexit?
Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist keine Utopie mehr! Es droht eine Abwertung des Pfunds.

(Dr. Detlef Rettinger) Der britische Premierminister David Cameron haute in den letzten Wochen ganz schön auf den Putz - um es einmal despektierlich auszudrücken. „Substanzielle Fortschritte“ in Hinsicht auf die von London geforderten Reformen hätten seine Gespräche mit EU-Offiziellen gebracht. Ich will da im Einzelnen gar nicht darauf eingehen, die Gegenreden aus anderen EU-Mitgliedsstaaten kamen jedenfalls prompt.
Beim EU-Treffen am 18./19. Februar wird es aber Ernst: Dann will Cameron mit echten Erfolgen heim auf die Insel fliegen – genauer gesagt er muss. Ansonsten droht die Stimmung in Großbritannien weiter in Richtung Brexit – sprich EU-Austritt – zu kippen.

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Aktueller Kurs
0,7710 Britische Pfund je Euro (EUR/GBP) -
Kommentar
Der Wechselkurs des Euro zum Britischen Pfund legte seit Anfang Dezember 2015 um 10 Prozent zu – das entspricht einer Abwertung des Pfund. -
Meine Einschätzung
kurzfristiglangfristig
Cameron selbst ist ein Gegner des Brexit. Aber er muss den Wählern zuhause Erfolge präsentieren, um bei dem 2016 anstehenden Referendum den Brexit verhindern zu können. Womöglich will er die Briten schon im Juni über den Austritt aus der EU abstimmen lassen.
Mal ehrlich: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die EU bis dahin substanzielle Reformen auf den Weg bringt, um das Pendel in Richtung EU-Befürworter ausschlagen zu lassen? Dabei sind manche Vorschläge der Briten durchaus vernünftig. Was aber geschieht, wenn die Briten aus der EU austreten? Das weiß letztlich niemand. Sicher wird es anfangs zu einer enormen Verunsicherung an den Märkten führen.
Verzicht auf Zinserhöhung drückt auf das Britische Pfund
Das Pfund dürfte unter Abwertungsdruck kommen. Manche Experten führen den Kursrückgang des Pfunds in den letzten Wochen bereits auf die Brexit-Angst zurück. Das sehe ich nicht so. Wie beim US-Dollar so ist der Abwertungsdruck beim Pfund vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bank of England von den erwarteten Zinserhöhungen Abstand genommen hat. Dazu kamen ein paar schwache Konjunkturdaten.
Charttechnisch erwies sich die Seitwärtsbewegung und der mehrmalige Test der Unterstützung bei 0,7000 GBP im Jahr 2015 als Bodenbildung. Zu Jahresbeginn brach EUR/GBP nach oben über den Widerstand bei 0,74 GBP aus. Dabei wurde auch der seit Mitte 2013 bestehende Abwärtstrend überwunden.
Kurz und kompakt
Sollte die Gefahr eines Brexit konkret werden, dann wird das Pfund unter der Unsicherheit darüber, was danach kommt, leiden. Bis dahin steckt das Thema bei den Akteuren am Devisenmarkt lediglich in den Hinterköpfen. Falls Cameron beim EU-Gipfel allerdings eine deutliche Abfuhr erleidet, dürfte das zumindest kurzfristig den Verkaufsdruck aufs Pfund verstärken, bzw. neu entfachen.

Themen: Brexit, EU-Austritt, Referendum, Großbritannien, EU-Gipfel, Pfund-Abwertung
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